Presseartikel – Jugendseite im Lauterbacher Anzeiger

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Foto: Lena Harres

Mittwochabends um 18.00 beginnt das Training des SV Wallenrod an. Einer der jüngeren Schützinnen, Julia Luft, Allmenrod, trainiert gerade. Sie schießt liegend auf die vollelektronische Anlage. Für mich als Laien erklärte Marina Fölsing sehr ausführlich und gut verständlich, wie sich die Schießvereine organisieren. Erst seit 12 Jahren gibt es nämlich überregionale Ligen wie die Bundesliga wie in anderen Sportarten auch, in denen sich Vereine duellieren. Durch die Tabelle wird jedes Jahr neu entschieden, wer aufsteigt, in der Liga bleibt oder durch vergleichsweise schlechtere Leistungen absteigen muss. „Neben den normalen Meisterschaften gibt es auch noch sogenannte Rundenwettkämpfe, eine Art Freundschaftsspiel zwischen den Vereinen im Umkreis, bei denen am Ende allerdings auch ein Siegerverein hervorgeht und Punkte gesammelt werden.“ Körperbeherrschung und Konzentration, das sind die Schlüsselbegriffe für einen erfolgreichen Schützen. Hilfe bekommt man dafür durch eine spezielle Jacke aus festem Leinen- Material, die zur Stabilisation des Körpers beiträgt. „Der Puls spielt hierbei auch eine wichtige Rolle“. Der stabile Stoff diene nämlich u.a. dazu, dass der schnelle Puls nicht auf das Sportgerät übertragen werde. Somit würde die möglichst ruhige Position nicht aus dem Gleichgewicht gebracht. Allgemein gibt es beim Schießsport verschiedene Positionen und Disziplinen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Man kann liegend, kniend und im stehen

Foto: Lena Harres

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schießen. Auch gibt es viele verschiedene Arten von Sportgeräten, wie beispielsweise das Luftgewehr, die Luftpistole oder das Kleinkaliber (KK). Erst ab zwölf Jahren ist es erlaubt, Luftgewehr zu schießen. Das heißt aber nicht, dass man unter zwölf gar nicht schießen darf. Man kann nämlich auch mit dem Lasergewehr beim „Lichtschießen“ schon eine Menge Spaß haben. Hat man dann das richtige Alter erreicht, folgt das Luftgewehrschießen. Dieses Gewehr ist natürlich schwieriger zu handhaben, auch eine ruhige, konzentrierte Stellung zu halten ist schon „eine ganz andere Nummer“. Am Anfang dient zur Erleichterung ein Schlinge oder ein Auflageständer, auf das man das Gewehr zur Stabilisation legt. Nachdem ich selbst das Schießen mit dem Luftgewehr ausprobieren durfte, weiß ich auch warum: Alle Konzentration darauf zu richten, dass der Ring des Gewehres direkt auf die innere schwarze Scheibe der Zielscheibe passt ist wirklich nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Bei besonders talentierten Kindern unter zwölf- Jährigen gibt es allerdings die Möglichkeit, trotzdem mit dem Luftgewehr schießen zu können. Nach dem Eintreten in den jeweiligen Schützenverein und einem Attest vom Arzt kann man eine Sondergenehmigung bei der Waffenbehörde beantragen. Vorurteile gegen das Schießen gibt es allerdings auch. Schlagzeilen wie „ Sportschütze erschießt mutmaßlichen 18- jährigen Einbrecher“ sind schockierend und werfen kein gutesLicht auf den Schießsport. Katrin Alles aus Wallenrod erklärt aber, dass die Sicherheit das allerwichtigste sei, was den Schützen von Anfang an gelehrt werde. „Das Gewehr ist ein Sportgerät, keine Waffe. Dieser Unterschied wird sofort klar gemacht“, so Alles. Der Schießsport als eine Art Therapie? „Wir haben schon Kinder trainiert die an ADHS leiden. Hier lernen sie, ruhig am Schießstand zu stehen, lernen Erfolg zu haben, wenn sie es schaffen, sich längere Zeit zu konzentrieren“. Dadurch verbesserten sich sogar die schulischen Leistungen. Da das Schießen als Sport bezeichnet wird, fragte ich mich, ob Fitness auch zum Trainingspensum gehöre. Das ist allerdings nicht so, und es ist beim

Foto: Lena Harres

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Schießen auch nicht zwingend erforderlich, fit zu sein. Marina Fölsing wendet aber ein, dass eine gewisse Grundfitness durchaus hilfreich sei. „Es ist besser fürs Herz, der Kreislauf wird gestärkt und Muskeltraining ist für die extremen Haltungen, die wir teilweise einnehmen, durchaus sinnvoll.“ Ein weiterer nicht zu unterschätzender Punkt sei die mentale Stärke, die bei fitten Menschen höher sei. „Durch sportliche Aktivität bekommt man einen niedrigeren Ruhepuls, man kann besser mit Stresssituationen umgehen“, das sind natürlich optimale Komponenten für das erfolgreiche Schießen. Ab Winter möchte der SV Wallenrod wieder eine Mannschaft im Luftpistolenschießen stellen. In dieser Disziplin nimmt man die coolste Haltung überhaupt ein: schräg zum Schießstand, Beine hüftbreit, eine Hand lässig in der Hosentasche, die andere mit Pistole in der Hand auf die Scheibe gerichtet – das hat schon fast James Bond- Qualität! Kevin Alles, 2. Vorsitzender des Schützenvereins, zeigt mir, worin sich die Luftpistole vom Luftgewehr unterscheidet. Neben der Position ist auch die Visiereinrichtung anders. Man schaut nicht durch einen Diopter wie beim Luftgewehr, die Anvisierung erfolgt stattdessen durch Kimme und Korn. Hört sich erst mal kompliziert an, doch als ich die Luftpistole selbst ausprobieren darf, wird mir schnell klar, wie das theoretisch funktioniert. Praktisch allerdings ist es enorm schwer, die Waffe auch nur eine Sekunde still zu halten und im richtigen Moment abzuziehen. Doch es klappt, der erste Schuss landet direkt im schwarzen Feld – Volltreffer! Das der SV Wallenrod leistungsorientiert ist und damit Erfolg hat, ist klar: Neun Jahre und 63 Bundesligapartien bestritt die 1. Luftgewehrmannschaft in der 2. Bundesliga West. Erst 2015 steigt sie erstmals in die Hessenliga ab. Das Erfolgsrezept ist u.a. das Trainerteam mit Trainerlizenzen, die alle selbst gute Schützen sind und ihre Erfahrungen weitergeben können, so Fölsing und Alles. Katrin Alles beispielsweise nahm 2005 in der Nationalmannschaft bei der Europa- Meisterschaft in Belgrad teil und erzielte den 1. Platz. Auch Marina Fölsing hat einige Erfolge zu verzeichnen. 1995 belegte sie bei den Deutschen Meisterschaften den 3. Platz mit dem Sportgewehr und wurde in den Nationalkader berufen. Diese prägenden Erlebnisse erzeugen schon beim Zuhören Gänsehaut und machen Lust, selbst zu schießen und von erfahrenen Profis trainiert zu werden. Neben dieser Leistungsorientiertheit und den Erfolgen, die konzentriertes Training verlangen, steht auch die Geselligkeit im Mittelpunkt des Vereins. „Es ist definitiv nicht so, dass nur talentierte Schützen hier willkommen sind, wir haben auch Mannschaften in niedrigeren Klassen“ sagt Marina Fölsing.Nach dem Training sitzt man gerne noch gemütlich zusammen und lässt den Tag ausklingen. Insgesamt habe ich einen sehr positiven Eindruck vom SV Wallenrod gewonnen, und wer weiß, vielleicht mache ich ja noch Karriere im Luftpistolenschießen…

von Lena Harres

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